Cannabis-Verbot war nie Schutz – Warum Aufklärung jetzt wichtiger ist denn je

- Trotz neuem Cannabisgesetz bleibt der Konsum für unter 18-Jährige verboten.
- Cannabis wirkt auf das sich entwickelnde Gehirn. Risiken wie Konzentrationsstörungen, Psychosen oder Depressionen steigen – besonders bei regelmäßigem Konsum.
- Projekte wie der „Grüne Koffer“ zeigen, wie Jugendliche mit ehrlicher Information, niedrigschwellig und ohne Druck erreicht werden können.
Seit dem 1. April 2024 gilt in Deutschland das neue Cannabisgesetz. Damit wurde der Umgang mit Cannabis für Erwachsene teilweise legalisiert – unter strengen Voraussetzungen. Für Jugendliche unter 18 Jahren ändert sich jedoch nichts: Besitz, Konsum und Anbau bleiben weiterhin verboten. Das Gesetz verfolgt ein klares Ziel: den Jugendschutz stärken, den Schwarzmarkt zurückdrängen und durch kontrollierte Abgabe Risiken zu minimieren.
Doch ein Verbot allein war noch nie ein wirksamer Schutz. Was wirklich zählt, ist Aufklärung.
Warum Cannabis Jugendliche besonders gefährdet
Das menschliche Gehirn befindet sich bis ins junge Erwachsenenalter in einer aktiven Entwicklung. In dieser sensiblen Phase reagiert das Gehirn besonders empfindlich auf THC, den psychoaktiven Wirkstoff in Cannabis. Studien zeigen: Wird regelmäßig konsumiert, kann das die Gehirnentwicklung beeinträchtigen.1 Mögliche Folgen sind Konzentrationsstörungen, Leistungseinbrüche in der Schule oder während der Ausbildung sowie emotionale Instabilität.
Besonders bedenklich: Ein früher Einstieg kann das Risiko erhöhen, psychische Erkrankungen wie eine Psychose zu entwickeln – vor allem bei genetischer Vorbelastung. Auch Depressionen oder Angststörungen im späteren Leben werden in der Forschung mit frühem Cannabiskonsum in Verbindung gebracht.2
Was sagen die Zahlen?
Laut der Drogenaffinitätsstudie 2023 der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben 8,3 % der 12- bis 17-Jährigen bereits mindestens einmal Cannabis ausprobiert. 1,3 % konsumieren regelmäßig, bei 0,4 % zeigen sich Hinweise auf einen problematischen Konsum.3 Interessant dabei: Obwohl die Zahlen der Beratungsfälle rückläufig erscheinen, liegt das vor allem daran, dass der Konsum nicht mehr automatisch strafrechtlich verfolgt wird – und dadurch seltener an die Behörden oder die Drogenberatung weitergeleitet wird.
Gesetzlicher Jugendschutz: Nur ein Teil der Lösung
Das neue Cannabisgesetz enthält zahlreiche Schutzmechanismen:
- Kein Cannabis für unter 18-Jährige
- Kein Konsum in Sichtweite von Schulen, Spielplätzen und Jugendeinrichtungen
- Verbot von Streckmitteln, Edibles und Cannabis-Werbung
- Strenge Regelungen zur Abgabe durch
Anbauvereinigungen
Diese Maßnahmen sind wichtig, doch sie ersetzen nicht das, was langfristig wirkt: Prävention.
Aufklärung, die ankommt
Projekte wie der „Grüne Koffer“, der mittlerweile bundesweit an Schulen eingesetzt wird, zeigen, wie moderne Suchtprävention funktioniert: ehrlich, niedrigschwellig, ohne erhobenen Zeigefinger. Lehrkräfte und Sozialarbeiter:innen sprechen mit Jugendlichen über Chancen und Risiken, über Alternativen zur Entspannung – und darüber, was wirklich hinter dem Konsum steckt. Dabei geht es auch um realistische Informationen über Inhaltsstoffe, Konsumformen und gesundheitliche Gefahren wie Streckmittel oder hochdosiertes THC.4
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass junge Menschen lernen sollen, eigene Entscheidungen zu treffen – mit der nötigen Informationsbasis. So stärken wir sie auch darin, Gruppendruck standzuhalten oder ein klares „Nein“ auszusprechen.
Fazit: Verantwortung beginnt mit Aufklärung
Der Wandel im Umgang mit Cannabis ist in vollem Gange. Erwachsene bekommen mehr Freiheiten – doch das bedeutet gleichzeitig mehr Verantwortung gegenüber jungen Menschen. Wenn wir Jugendliche wirklich schützen wollen, dann nicht nur durch Gesetze, sondern durch ernst gemeinte, nachhaltige Aufklärung. Wir brauchen mehr Austausch, mehr ehrliche Gespräche – in Familien, in Schulen, in der Drogenberatung und in der Öffentlichkeit.
Denn eins ist klar: Ein Verbot hat noch nie gereicht. Aber gute Prävention? Die kann langfristig wirklich etwas verändern.
Quellen
[1] M.H. Meier, A. Caspi, A. Ambler, H. Harrington, R. Houts, R.S.E. Keefe, K. McDonald, A. Ward, R. Poulton, & T.E. Moffitt, Persistent cannabis users show neuropsychological decline from childhood to midlife, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 109 (40) E2657-E2664, https://doi.org/10.1073/pnas.1206820109 (2012).
[2] G. Gobbi, T. Atkin, T. Zytynski, B. Wang, R. Askari, J. Boruff, M. Ware, & N. Marmorstein, Association of cannabis use in adolescence and risk of depression, anxiety, and suicidality in young adulthood: A systematic review and meta-analysis, JAMA Psychiatry 76 (4), 426–434, https://doi.org/10.1001/jamapsychiatry.2018.4500 (2019).
[3] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2023 – Ergebnisse zum Cannabiskonsum, Infoblatt, Köln, (26.06.2024).
[4] Fachstelle für Suchtprävention Brandenburg, Der Grüne Koffer – Methodenset Cannabisprävention, https://www.suchtpraevention-brb.de/projekte/der-gruene-koffer (2024).
Disclaimer: Dieser Beitrag dient ausschließlich der Information und ersetzt keine medizinische oder therapeutische Beratung. Bei Fragen rund um Konsum, psychische Gesundheit oder Suchtprävention wende dich bitte an Fachärzt:innen, Beratungsstellen oder deine Apotheke vor Ort.